Montag, 31. März 2014

Die Wiederkehr, aber mit neuem Krebs

Hallo Freunde,

das neuste zuerst: Ich hab ne Glatze.    
Aber mittlerweile ist es cool ! Sehe aus wie der Lehrer aus Breaking Bad sagen die anderen :-) 

Aber ich darf im Moment kein Auto mehr fahren. Nicht cool.


Es ist schon sehr lange her, das ich den Mut, die Ruhe und das „eigene damit Beschäftigen“ zulasse um weiter zu schreiben.

Aber es sind so viele Dinge passiert…

Seit dem letzten Mal habe ich die Chemos und Bestrahlungen für die Lunge und Halsmetastasen zu Ende gebracht, die Haare sind zum Glück nicht ganz ausgefallen, nur sehr fieselig geworden, aber gut nachgewachsen. (Damals) Alles ist weniger geworden.

Die komplette Chemozeit hatte ich das Glück, dass ich mich nicht übergeben müsste.  Aber ich fand es genauso schlimm, dass ich die ganze Zeit das Gefühl hatte ich müsste mich übergeben.  Immer und überall war mir schlecht. Man wusste nie kommt was oder nicht.
Einmal habe ich mich doch übergeben und das war die Hölle: Ich spürte wie es langsam losging und dann kam es auch schon, das schlimme war, als das schwarzes Zeug meine Kehle hoch kam und für mich war klar: da kommen Stücke aus meiner Lunge, das sah echt Original aus und ich hatte eine riesen Angst. Nachdem alles vorbei war und ich noch Atmen konnte, kam mir in den Sinn das ich Abends vorher Spinatlasagne gegessen hatte. Und die sieht beim Rückwärtsessen echt aus wie eine Tumorlunge. :-)

Die ganze Chemo-Zeit, war eigentlich dieser immer schlimmer werdende Lebensmut-Diebstahl das schlimmste. z.B.: Du liegst auf der Couch und denkst: „Ich schaue mal eben nach neuen E-Mails“ dann stehst du auf und denkst: „Ach egal, ich leg mich wieder hin“ und das passierte nicht einmal sondern mehrmals am Tag. Du hast einfach auf absolut garnichts Bock, du liegst da nur wie ein Stück Fleisch…Und es ist nicht dieses „Kein Bock“ Aufstehen sondern ein: “ich bin kaputt, ich kann nicht mehr“ nicht Aufstehen wollen.

Die  Flüssig-Chemo war dann irgendwann vorbei und ich konnte mich etwas erholen. Arbeiten war erst mal nicht. Der Lebensmut kam nur teilweise wieder. Ab Dezember ging es einigermaßen.

Im Januar habe ich dann mit der Bestrahlung für Lunge und linke Seite des Brustkorbes angefangen.
Es wurde relativ groß und stark bestrahlt,  6 x immer 30 min komplett um den Körper drum, herum.  Einmal die Woche. Da ich kein Auto fahren durfte, wurde ich mit einem Taxi Unternehmen gefahren.
Durch die Stärke und Länge wurden die Nebenwirkungen relativ stark. Ich war nur noch kaputt, ich bekam Probleme beim Atmen, das Essen wurde immer mehr zum Problem, da diese Speiseröhre mit bestrahlt wurde,  einige Metastasen hatten sich dort  festgesetzt. Das ganze eskalierte damit, dass ich nach der 5. Bestrahlung donnerstags nach Hause bin, und das ganze Wochenende nur schlapp gelegen habe, sonntags war ich nicht mehr ansprechbar und Silke rief den Notarzt. Die fuhren mich dann zum Bergheimer Krankenhaus.


Dort wurde dann festgestellt, dass ich Metastasen im Hirnwasser habe.    BÄNG !

Und mit einem Schlag bist du wieder wach. Hellwach.

Ich bin jemand der nicht immer direkt an Aufgeben, Tod oder keine Chance mehr denkt. Aber Hirn muss es doch nun wirklich nicht sein.

Ich bin dann von Bergheim verlegt worden und lag dann ca. 3 Wochen in Düsseldorf im Krankenhaus. Tausend Untersuchungen, CTs, MRTs, Scans, danach wurde entschieden, dass eine Hirnbestrahlung das Beste wäre.

Hirnbestrahlung müsst ihr euch so vorstellen wie bei Hanibal Lector, da wird Maske erstellt die deinen Kopf auf eine Liege so fixiert, dass du den keinen Millimeter  (KEINEN!) bewegt kannst. Dann wird man von rechts und links ca. 2 min bestrahlt.  10 Bestrahlungen, jeden Tag eine. Die Bestrahlung selber ist halb so wild, bis auf die Platzangst unter der Maske.

Die Zeit im Krankenhaus war ganz gut. Einer meine Family war immer da, das war echt super, ich hab immer noch Berge von Süßigkeiten :-)

Nicht so gut war die Zeit nach der Bestrahlung, da fingen die Schmerzen und Nebenwirkungen an.
Angefangen hat alles damit, dass ich nicht schlafen konnte und morgens um 4 Uhr mit Gelenkschmerzen in den Knien, die so stark waren, dass ich weder stehen, liegen oder sitzen konnte. Nach 3-4 Stunden, 2 Novalgin und Diclofinac Salbe und ging es mir dann einigermaßen besser, so dass ich schmerzfrei laufen konnte. Danach kam noch für ein paar Tage die Ellenbogengelenke dazu.  

Nach einer Woche kippte das Ganze mit den Nebenwirkungen: die Schmerzen wurden weniger die Fressattacken ließen nach, ich konnte länger schlafen (7-8 Uhr).
Mehr, wurden die Aussetzer im Gehirn, heißt, man sagt das falsche Wort obwohl man im Gehirn das richtige hatte. Oder es fallen einem ganz normale Dinge nicht ein. Oder man vergisst Dinge die man gleich tun wollte.  Nicht oft, aber es passiert. Sind halt noch Nachwirkungen von der Bestrahlung die irgendwann wieder nachlassen sollen.

Im Moment werde ich auf eine neuartige Tabletten Chemo eingestellt. Heißt: jeden Montag nach Dormagen, Blut abnehmen und neue Tabletten bekommen. Im Moment sieht es so aus, dass ich die Tabletten die ich täglich nehmen muss, ganz gut vertrage. Außer die noch harmlose Akne die anfängt, trockne und rissige Hände und mal sehen was noch kommt…..


Ich habe mich auch dazu entschieden weiter zu schreiben, weil ich diese kleinen Gedächtnis Aussetzer habe.
Vor allen Dingen passiert schon mal was very spooky: gestern Morgen habe ich am Frühstückstisch meinen Taschenkalender bei Notizen aufgeschlagen. 5 min einen Kaffee und ein Brot später, schaue ich auf den Kalender und er ist ganz woanders aufgeschlagen und mein Kugelschreiber liegt auf der Seite. Hallo ? War ich das ? Du guckst nach rechts und es ist eine andere Seite aufgeschlagen, das war wie in einem Horrorfilm. Stimmte mich nachdenklich. Aber ich weiß, es sind Nachwirkungen der Hirnbestrahlung die irgendwann nachlassen.


Alles in allem: Der ganze geht einem ganz schön auf den Sack !

Ich weiß, es gibt viele die tödlichen Krebs haben, denen es wesentlich schlimmer geht, aber das fatale daran ist, es hilft dir nichts. Du musst letztendlich im Kopf alleine damit fertig werden. Denn alle die von außen helfen: Lebensgefährtin, Familie und Freunde können dich unterstützen, helfen und mit dir sprechen. Was super hilft auch ohne gar nicht gehen würde.
Aber was super wäre, ist ein Schalter der in bestimmten Situationen umgelegt wird und zwar
von: „hör auf zu heulen“ nach „das Leben ist schön“ vor allen Dingen wenn man nachts wach liegt und nachdenkt, oder z.B.: im Fernseher über andere Todkranke berichtet wird.

Ich bin sehr positiv und optimistisch eingestellt und ich werde den Krebs geheilt bekommen, aber es sind die täglichen kleinen Dämpfer die man bekommt, die einem runterziehen. Und ich wusste nicht wie sehr man das Autofahren vermissen kann :-)

Die nächsten Tagen mehr..