Samstag, 19. April 2014

Gedankengänge

Alles klar soweit……meint man, sieht so aus, fühle mich auch oft so…….aber die Realität ist wie immer anders. Im Gegensatz zu nem halben Jahr früher geht’s mir wirklich gut, die völlige Schlaffheit, Übelkeit, Kopfschmerzen etc. bei der Chemo waren schon extrem…  
Aber jetzt kommt das Psychische dazu, das es jeder, der Krebs hat bekommt: egal was einem weh tut oder ungewöhnlich ist, der erste Gedanke: KREBS !!!!!    sicher man denkt in Ruhe darüber nach, und es kann von den oder den anderen Tabletten eine Nebenwirkung sein. Aber dieser fiese kleine Gedanke, kommt immer wieder.


Bei mir ist es die Lunge, seit ein zwei Wochen merke ich wie ich immer schneller außer Atem bin, ich konnte seit letztem Jahr nicht richtig durchatmen, kein Wunder bei einem 8cm Tumor in der Lunge, aber nach der Chemo gings eigentlich besser. Nun kann es sein, dass es die Nebenwirkungen der Erlotinib, oder des Kortison oder vom Ödem im Kopf sind. Zum Glück ist Ostern und mein Arzt im Urlaub, also mal nachfragen is nicht.


Ich geh die Treppen runter raus ich den Garten, ne Runde durch den Garten, die Treppen wieder hoch, muss ich mich erst mal wieder hinsetzten, weil ich keine Luft mehr kriege, bzw. völlig kurzatmig bin. Das nervt so sehr, vor allen Dingen weil wir einen so schönen große Garten haben.


Ja klar, ich muss die Lunge trainieren, Volumen aufbauen, aber wie soll man das machen, wenn schon nach  100 Schritten völlig kaputt ist.  OK manche Tage sind nicht schlimm, andere sind schlimmer. 



Meine Krämpfe kriege ich auch nicht in den Griff, mittlerweile bin ich bei 6 x 300 mg Magnesium pro Tag. Und nicht die billigen vom Aldi sondern die richtigen 300er J,  Aber ob ich die nehme oder nicht mal helfen Sie mal nicht. Am schlimmsten sind die nächtlichen Fuß, Waden, Schienbeinkrämpfe, vor allen Dingen wenn sie gleichzeitig kommen. So 2 mal die Nacht kommen die, egal ob ich noch am PC sitze oder im Bett liege.  Am lästigsten sind die Krämpfe tagsüber in den Händen. Wenn ich am Laptop am Schreiben bin und die Hände sich wieder verkrampfen, geben immer lustige Texte, weil ich die Tasten nicht mehr treffe. Aber die Tabletten helfen dann auch erst wieder später.Ich habe die Vermutung, dass die Krämpfe gar nicht vom Magnesiummangel sondern durch das Cortison kommen, und da sind sie wieder meine 3 Probleme: Kommts vom  Erlotinib oder vom Cortison oder ist mein Arzt im Urlaub…. 


Also wieder mal Internetrecherche: aha Cortison verursacht Krämpfe, da hilft XY Tablette in einer Minute gegen Krämpfe …..super …………………kaufen……………. Ach neee enthält chinin, ist ein Gift, OK wir warten bis der Arzt aus dem Urlaub ist. Ja, ich weiß bei mir im Krankenhaus sind auch andere Onkologen die ich Fragen könnte, werd ich auch, bin nächsten Freitag eh da um Tabletten zu holen. 


Weiter gesucht und herausgefunden, das durch Cortison Kaliummangel entsteht, der Krämpfe erzeugt, also nicht nur Magnesium sondern Kalium nehmen. Super Lösung gefunden.  Naaaaaaain !      Zuviel Kalium kann töten.  Das Internet ist wirklich super, man schwankt immer von einem Extrem  ins andere, also einfach Ruhe bewahren, dem kleinen nervigen Gedanken  der sich immer wieder mal meldet seinen Freiraum geben.  



Was mich auch immer wieder erstaunt, wie das Cortison einen aufputscht, ich habe Nächte in denen ich bis 3- 4 Uhr am Laptop / Fernseher sitze, ohne einen Funken Müdigkeit. Dann leg ich mich hin schlafe, wache um 5 Uhr mit Krämpfen auf, lege mich wieder hin, wache um 7 Uhr wieder auf und bin den ganzen Tag hellwach.  Und nicht alle 2 Wochen, sondern mit verschiedenen Zeiten: 4 x die Woche.Nachteil der Sache, ich bekomme Fressattacken in denen ich 2 Tafeln Schokolade hintereinander wegesse, und ja ich habe wieder die 100 kg um 200 gramm geknackt. 


Die ganze Sache mit dem Cortison ist ja nur nötig, um die Nebenwirkungen der Gehirnaussetzter einzudämmen. Wo diese herkommen wissen wir nicht, vom Erlotinib oder von dem Ödem im Gehirn durch die Gehirnbestrahlung, oder von den Metastasen im Gehirn.  Ist aber auch egal, denn die Aussetzer möchte ich nicht mehr haben.Ich habe vor 2-3 Wochen die letzten 2 Stufen der Kellertreppe nicht mitbekommen. Und damit meine ich nicht meine aktuelle Tollpatschigkeit ( runterfallende Butterbrote, gegen die Tür laufen, zittrige Finger, verschüttete Kaffee ) nein, ich meine den Aussetzer, wo du die Treppe  herunter gehst und im nächsten Moment quer auf dem Boden liegst und dich wunderst warum dir die Knochen so weh tun. Das sind die Momente wo du ne scheiss Angst kriegst und dir die Nebenwirkung: „Krämpfe“ wünscht. 



Ansonsten ist eigentlich alles OK, mir geht es so gut ( da ich ja meine Nebenwirkungen im ein wenig im Griff habe und mich danach richte, kein Sport etc. ) das ich schon ein schlechtes Gewissen habe wenn mich jemand fragt wie es mir geht. Weil nach außen hin ich relativ gesund aussehe, liege nicht dahinsiechend im Bett, kann noch normal sprechen und bewegen. Aber ist das meine Schuld, dass es ist wie es ist? Nur da ist genau wieder dieser kleine Gedanke der immer im Hinterkopf herumschwirrt: du hast Krebs, der ist da, kann wachsen, kann an anderer Stelle wieder kommen usw. usw. usw………   



So, das waren ein paar Gedankengänge die einem Krebskranken so durch den Kopf gehen, ich wünsche euch frohe Ostern, ein ruhiges Fest, viele Eier und viel Spaß mit euren Verwandten und Freunden.  




PS.:
Denkt mal an die Freunde und Verwandte die Ihr lange nicht mehr gesehen habt. Ruft mal an, schickt ne SMS, überwindet irgendeinen alten Streit den Ihr mal hattet oder was auch immer.Durch die neuen Tabletten habe ich eine sehr gute Heilungschance, aber Ihr wisst nicht, wie es den Menschen geht, zu denen Ihr keinen Kontakt mehr habt. Im schlimmsten Fall lest Ihr irgendwann nur noch die Todesanzeige. Denkt mal darüber nach:  Ist es der Streit wirklich wert gewesen sich nie wieder zu sehen?